Magnus – Der Mozart des Schachs

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Er ist der amtierende Schachweltmeister, war ein Wunderkind, ist der wohl berühmteste Norweger aller Zeiten: Magnus Carlsen. 2013 gewann er als 22jähriger die Schachweltmeisterschaft, ein Ereignis, das im Mittelpunkt von Benjamin Rees Dokumentation "Magnus" steht. Diese ist zwar eine einzige Hagiographie, schafft es aber, das besondere Talent Carlsens auch für den Laien verständlich zu machen.

Webseite: www.nfp-md.de/kino/magnus.html

Norwegen 2015 - Dokumentation
Regie: Benjamin Ree
Buch: Benjamin Ree, Linn-Jeanethe Kyed
Länge: 76 Minuten
Verleih: NFP
Kinostart: November 2016
 

Pressestimmen:

„Ein berührendes Filmporträt, nah und sehr persönlich, über das ungewöhnliche Leben eines Schachgenies".
ZDF HEUTE JOURNAL

"...mit Spannung und Gänsehautatmosphäre..."
Schach-YouTuber Niclas Huschenbeth

FILMKRITIK:

"Schach ist einfach zu lernen, aber unmöglich zu perfektionieren" sagt der Vater von Magnus Carlsens anfangs, ein Satz, der wie ein Leitmotiv für diesen Film, aber auch das Leben des Schachgenies steht. Schön früh zeigte Carlsen besonderes Interesse an Zahlen, an mathematischen Zusammenhängen, die ihn für das im Ansatz einfache, im Kern unfassbar komplexe Schachspiel prädestinierten. Eine klassische Karriere als Wunderkind folgte: Mit 13 Jahren Großmeister, mit 18 die jüngste Nr. 1 der Weltrangliste und auch der Weltmeistertitel schien in greifbarer Nähe.

2013 sollte es soweit sein, doch vor dem Duell mit dem amtierenden Weltmeister, dem Inder Viswanathan Anand, stand ein Kandidatenturnier. Hier zeigte Carlsen Nerven, verlor immer wieder die Konzentration und konnte sich nur mit viel Glück durchsetzen. Zu diesem Zeitpunkt, etwa zur Hälfte seiner kurzen, mitreißenden Dokumentation, beginnt Benjamin Ree das Duell Carlsen-Anand, als Duell zweier Systeme zu inszenieren. Auf erstaunlich klare Weise gelingt es ihm im folgenden, die unterschiedlichen Ansätze verständlich zu machen, mit denen der Norweger und der Inder das so genannte Spiel der Könige betreiben.

Während Anand sich die moderne Technik zu Nutze macht, mit Hilfe von Supercomputern tausende Partien analysiert, um Schwächen des Gegners herauszufinden und sich dadurch penibel auf das Duell vorbereitet, vertraut Carlsen auf seine Intuition. Zwar denkt auch Carlsen fast fortwährend über Schach nach, doch viel Zeit verbringt der damals gerade mal 22 Jahre alte, oft noch jungenhaft wirkende, mit seiner Familie, beim Sport oder mit Freunden. Sein Spiel ist weniger von penibel ausgefeilter Taktik geprägt als dem Versuch, den Gegner in Situationen zu drängen, die er nicht kennt. In einem der erstaunlichsten Sätze des Films sagt Carlsens Trainer da: "Anand hat Partien gewonnen, bei denen er keinen einzigen eigenen Zug setzen musste." Partien also, in denen er ganz auf sein im Kopf gespeichertes Wissen zurückgreifen konnte und nicht wirklich über das nachdenken musste, was vor ihm auf dem Brett passierte.

Auch in der Körpersprache der beiden Kontrahenten zeigt sich dieser unterschiedliche Ansatz, hier der extrem ruhige, kontrollierte, erfahrene Inder, dort der fast hibbelig wirkende, oft die Hände verkrampfende junge Norweger. Wie dieses über zehn Partien ausgespielte Duell ablief, zählt zu den sportlichen Höhepunkten jüngerer Vergangenheit, zumal die Partie im indischen Chennai ausgetragen wurde, der Heimatstadt Anands. Die Schachbegeisterung in Indien kennt ohnehin kaum Grenzen (das Land gilt als Ursprung des Spiels), durch die Teilnahme des einheimischen Weltmeister wurde das Duell zu einem Medienereignis sondergleichen.

Spätestens nach Erringen des Weltmeistertitels, den Carlsen diesen November zum zweiten Mal verteidigen wird, kannte der Jubel um seine Person keine Grenzen: Als Mozart des Schachs wurde er bezeichnet, ein fraglos origineller, wenn auch hinkender Vergleich, vom Time-Magazine zu einer der 100 einflussreichsten Personen der Welt gekürt, von seiner norwegischen Heimat zum quasi Nationalheld stilisiert. Dass Magnus Carlsen trotz allem zurückhaltend und bescheiden geblieben ist, mit seiner Familie und seinen Freunden einen ganz normalen Alltag lebt, macht seine Geschichte erst recht ursysmpathisch. Dass Benjamin Ree sie in seiner ersten Dokumentation "Magnus" ohne Brüche als heroisches Porträt inszeniert, kann man ihm da kaum verdenken.
 
Michael Meyns